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Indien erzeugt bei uns gemischte Gefühle. Nicht alle Eindrücke und Begegnungen sind schön. Aber wir haben schon tolle Menschen getroffen und eine faszinierende Landschaft erlebt.

Heute sind wir gut in den Tag gestartet. Wir sind wieder auf der Weiterfahrt und haben unsere Wasservorräte aufgefüllt. Beim Bananenkauf wurden wir spontan zum Tee eingeladen und mit „Welcome to India“ verabschiedet. 
Kurz darauf standen wir in Arrah Nawada einmal mehr im Verkehrschaos. Erst vor einer geschlossenen Bahnschranke und dann an einer Baustelle. In Indien herrscht Linksverkehr, aber die Spur war mit LKWs vollgestellt. Also sind wir über 30 Kilometer auf der rechten Spur weitergefahren. Wir waren uns nicht sicher, ob wir „Geisterfahrer“ waren. Die entgegenkommenden Fahrzeuge wechselten zumindest alle für uns die Straßenseite. Aufgeregt hat sich aber keiner. Die Strecke endete bei einer großen Brücke über ein Gangesdelta. Warum die LKWs hier über die ganze Strecke standen? Keine Ahnung. Wir haben erstmal unseren Lunch zu uns genommen und unseren Adrenalinspiegel wieder normalisiert.

Dann ging es weiter nach Muzaffarpur. Wir kamen mit einem jungen Inder ins Gespräch. Er war sehr interessiert am Woher, Wohin und Warum unserer Reise. Von ihm bekamen wir die Empfehlung, zu einem größeren TOYOTA-Betrieb zu fahren. Wir hatten ja immer noch die technischen Probleme mit unserem “Kumpel”. Blinker und Scheibenwischer funktionierten nicht. Leider war hier keine Hilfe zu bekommen. Also sind wir weitergefahren. Bei der Stadtausfahrt sahen wir dann einen FORD-Betrieb mit Verkauf und Service. Am Servicecounter wurde dann ein englisch sprechender Manager auf uns aufmerksam und fragte nach, was wir für eine Hilfe benötigen — “No problem, we will help you!”.
Während Carsten mit zwei Mechanikern “Kumpel” wieder fit machte, trank Manni mit dem Service-, Sales- und General-Manager Tee. So hat jeder seine Aufgaben.
Der gesamte FORD-Staff, bestehend aus rund 15 Personen, war sehr freundlich zu uns. Sie haben unser Problem gelöst und das kostenlos!  Nach einigen Fotos und einer herzlichen Verabschiedung machten wir uns auf die Suche nach einem Stellplatz für die Nacht. Uns ist es zu gefährlich, im Dunkeln zu fahren. Hier bewegen sich abends viele Fahrzeuge ohne Licht und die Fussgänger sieht man auch kaum. Direkt an der Ausfallstraße haben wir dann einen Platz gefunden. Diese Nacht war dann etwas lauter, dank des Verkehrslärms.

Um 7:00 Uhr wurden wir am Nikolaustag von einem Bagger geweckt. Dieser entfernte direkt hinter unserem “Kumpel” einen Steinhaufen. Wir brachen das Frühstück ab, der Nikolaus hatte uns eh vergessen, und fuhren weiter. Am Straßenrand sahen wir einen Verkaufsstand. Carsten kaufte für das erwartete Baby seiner Tochter Fredericke in Australien eine Baby-schaukel. Ein stolzer werdender Opa! 

In der indischen Region Biher ist es nach unserem Empfinden wesentlich sauberer und auch die Straßenverhältnisse sind besser. So kamen wir gut voran. Wir erlaubten uns einen Abstecher von der Hauptroute in Richtung eines großen, prächtigen Gebäudes. Das wollten wir uns mal anschauen. Angekommen, sahen wir, dass es sich um eine Moschee handelte. Umringt von einem riesigen Park und zusätzlicher Gebäude. Bereits am Haupttor kam uns jemand entgegen und bat uns hinein. Wir befanden uns in einem modernen islamischen Institut zur Ausbildung junger Muslime. Diese bekommen hier eine höhere Schulbildung unter Berücksichtigung des Islamischen Glaubens.
Uns wurde alles gezeigt. Wir wurden sehr gastfreundlich aufgenommen und hatten viele Gespräche mit den jungen Menschen und auch einigen Lehrkräften. Zu guter Letzt dürfen wir im Institutsbereich stehen bleiben und die Nacht verbringen. 

Wir hatten es wirklich gut erwischt mit unserem Stellplatz. Nach einer ruhige Nacht wurden wir von der Sonne geweckt. Ausgiebig nutzen wir unsere Außendusche, machten Fotos und fuhren dann weiter Richtung Norden.
Unterwegs sahen wir eine der vielen, vielen Backstein-Fabriken, die es in Indien in sehr großer Anzahl gibt. Interessiert und neugierig wie wir sind, fuhren wir ran an die Fabrik. Wir wollten mal schauen, wie das hier so funktioniert. Da keiner dort des Englischen mächtig war, dürfen wir uns einfach frei auf dem Gelände bewegen. Unsere Fragen haben wir mit Händen, Füßen und Gesten direkt an die Arbeiter gestellt und wurden so schlauer.
Die Ziegel werden geformt, getrocknet und dann werden rund eine Million Steine in einem langen Rechteck aufgestapelt. Danach werden diese abgedeckt und an einem Ende wird ein Feuer entfacht. Dieses Feuer wird dann von oben mit Kohle immer weiter am Brennen gehalten. Die Ziegel werden einen Monat rund um die Uhr befeuert. Danach müssen sie abkühlen und dann sind sie fertig. Das war ein sehr interessanter Halt auf unserer Tour. 

Dann hieß es wieder weiterfahren. Bereits am Vormittag hatte Carsten in Araria an einem Straßenstand ein frisches Huhn gekauft. Wir freuten uns schon sehr darauf. Also suchten wir frühzeitig einen Stellplatz. Wir sahen die ersten größeren Teeplantagen, hier sollte es doch einen Platz für die Nacht geben. Leider fanden wir niemanden, der englisch sprach aber wir zeigten Kumpel und hatten den Eindruck, dass es in Ordnung war, hier zu stehen. Also Stühle raus, Tisch dazu, etwas ausruhen und dann haben wir uns an die Vorbereitung unseres Huhns begeben. 
Plötzlich hielt uns jemand ein Telefon unter die Nase. Am anderen Ende der Leitung war der Eigentümer der Plantage. Er erklärte uns, dass wir aufgrund der fehlenden Genehmigung hier nicht stehen bleiben könnten. Er hatte wohl Angst vor der Polizei. Wir nicht, aber es half ja nichts. Nun mussten wir das Huhn erstmal Huhn sein lassen und alles wieder einpacken.

In einer halben Stunde würde es dunkel werden und bis dahin wollten wir einen Stellplatz haben. Nach zwanzig Minuten fuhren wir an einem großen Tor vorbei. Dahinter sahen wir einen größeren Platz. Also nichts wie hin. Wir fragten einen vor dem Tor stehenden Inder, ob wir hier für die Nacht stehen könnten. Er stellte kaum Fragen und zeigte uns, wo wir Wasser finden. Wir haben ihm unseren “Kumpel” und die Tourkarte präsentiert. Und dann stellte sich heraus, dass wir auf dem Polizeigelände gelandet waren. Aber hallo, sicherer kann man ja nicht stehen.
Als nächstes interessierte sich der Koch der Station für uns. Wir brachten unser Huhn ins Spiel und zu guter Letzt ging Carsten gemeinsam mit dem Koch in die „Küche“. Nach 45 Minuten war das Essen fertig. Endlich, wir hatten echt Hunger. Das Huhn war wirklich lecker und so gingen wir satt und sicher schlafen.

Kurz nach unserem Start am nächsten Morgen erhaschten wir einen ersten Blick auf die weit entfernten, schneebedeckten Berge. Wir fuhren Richtung Siliguri, dem Ein- und Ausfalltor der Berge des Sikkim. Wir mussten den Weg über „Melli“ nehmen, da dort eine Registrierung für das Gebiet des Sikkim erforderlich ist. Die Region ist umgeben von Nepal, Tibet, China und Bhutan und ist auf Grund dieser Lage eine Restricted Area, die nur mit Erlaubnis befahren werden darf. Der Vorgang der Registrierung mit Reisepass, Indien-Visa und einem Passfoto war relativ einfach und ohne Kosten. Und wir sahen das erste Wohnmobil mit italienischem Kennzeichen beim Vorbeifahren.

Irgendwie haben wir auf der Weiterfahrt Richtung Pelling eine nicht ganz so richtigen Abzweigung genommen. Wir fuhren immer höher und tiefer in die Berge. Zeitweise hatten wir auch kein Netz. Schließlich endeten wir in Namchi, South Sikkim, in einer Höhe von 1.520 Metern.
Wir suchen uns einen möglichst geraden Platz für “Kumpel” und haben letztendlich die Parkplätze der Gemeinde- und Stadtverwaltung belegt. Nach einiger Zeit kam ein Polizist. Wir zeigten ihm unsere Route und den “Kumpel” und  bekamen die Erlaubnis, stehen bleiben zu können, bis die Angestellten morgens, gegen sieben Uhr zur Arbeit kamen.

Wir hatten zwischenzeitlich auch Kontakt zu Rachel und Daan, mit denen wir gemeinsam durch Pakistan gereist sind. Die beiden sind derzeit in Nepal und haben sich dazu entschlossen, ein Experiment zu wagen. VIPASSANA Meditation. Zehn Tage schweigen, kein Telefon, keine E-Mails, kein Internet, kein Buch, kein Stift, kein Papier und keine Kommunikation in irgendwelcher Art. Dafür gibt es geführte Meditation. Wir beiden sind schon sehr gespannt, was Sie danach erzählen werden.

Von Namchi starteten wir mit einem sehr schönen Morgenlicht in die Berge. Via Ravalanga, Legship nach Pelling. Angesetzt hatten wir die Strecke mit drei bis vier Stunden Fahrt, aber es sollte mal wieder anders kommen.
In rund 2.200 Metern Höhe, zwischen Rabongla und Legship, haben wir unser Frühstück und die beeindruckende Bergwelt genossen. Wir fanden, dass das unserer Seele und dem KARMA gut tun würde!
Die Straßen waren teilweise schwer zu befahren. In einem kleinen Städtchen legten wir eine Pause ein. Wir ließen uns hübsch machen. Carsten wurde rasiert und Manni bekam einen neuen Haarschnitt. Der Service war top und bezahlen mussten wir auch kaum etwas.

Die Fahrt nach Pelling sollte jetzt nur noch eine Stunde dauern. Zunächst schien soweit alles in Ordung zu sein. Unser Google-Navi machte auch mit. Aber dann! Wir befanden uns auf einer Straße, auf der selbst Allradfahrzeuge ihre Probleme gehabt hätten. Uns und “Kumpel” wurde alles, aber wirklich alles, abverlangt. Wir kamen wirklich an unsere Grenzen. Aber wir mussten ja da durch, also: Augen zu und Daumen drücken. “Kumpel” und wir haben es geschafft! Diese Strecke der „Pelling – Dentam Road“ fahren wir sicher nur einmal im Leben.

So dankte Carsten dann auch zügig dem “Herren” in Angesicht der Bergriesen. Eine wahnsinnig tolle Kulisse.

Nach einer weiteren Stunde Fahrt erreichten wir Pelling. Wir beschlossen, einmal nicht im “Kumpel” zu nächtigen, sondern in ein Hotel-Resort zu fahren. Nach ungefähr der Hälfte der Tour und den Strapazen des Tages wollten wir es uns gut gehen lassen. Ein gutes Essen mit Wein und ein richtiges Bett. 

Wir waren sehr früh wach und haben erst einmal einige Dinge erledigt. Wir haben den Tagesbericht geschrieben, Fotos gesichtet und gespeichert sowie E-Mails und WhatsApp-Nachrichten beantwortet. Nach einem fürstlichen Frühstück und einem letzten Blick auf den KANGCHENDZÖNGA, dem dritthöchsten Berg der Erde, sind wir dann Richtung Assam gefahren.
Über den Grenzausgang Melli fuhren wir aus dem Sikkim-Gebiet. Dieses mal entlang des River Rangeet. In Jorethang, South Sikkim, haben wir einen Zwischenstopp eingelegt. Hier haben wir die erste indische Weihnachtsdekoration in den Straßen gesehen. Wir haben drei Geldautomaten aufgesucht, die alle unsere Karte nicht akzeptiert haben. Hoffentlich klappt es bei dem nächsten Automaten. Zum Glück hat das Geld noch für den Kauf der heiß begehrten Tibet-Fähnchen für “Kumpel” gereicht. Nachdem die Stellplatzsuche heute entspannt verlief, wir konnten auf einem Restaurant-Parkplatz bleiben, ließen wir diesen Tag ruhig ausklingen.

Auf den Nationalstraßen in Indien wird sehr viel gebaut. Allerdings konnten wir beobachten, dass auf den Baustellen keinerlei Arbeitssicherheit besteht. Arbeiter tragen Flipflops, keine Arbeitsschuhe und auch meist keine Handschuhe. Es fehlen Absicherungen auf Gerüsten oder an den Baustellen selbst. Frauen klopfen Steine mit ihren Fäusten auf Münzgröße klein. Bei uns undenkbar.

Am nächsten Tag haben wir uns Richtung Assam aufgemacht. Bei einem Halt haben wir unseren “Kumpel” gesäubert. Vor allem der Dreck in den Radkästen, den die Hochgebirgstour hinterlassen hat, musste entfernt werden. Weiter ging es auf dem National Highway, entlang an vielen riesigen Überflutungsgebieten. Diese Gebiete werden während der Monsunzeit komplett geflutet. Im Gebiet West-Bengalen und Darjeeling gibt es auch wieder sehr viel Militär und viele Kasernen. Hintergrund ist hier die Lage zwischen Bangladesch, Nepal und Bhutan.

In Bengalen hatten wir auf über 100 km die besten Streckenverhältnisse seit wir in Indien sind. Leider “normalisierten” sich diese bald wieder. Und wir fuhren über die üblichen, sehr schlechten Straßen. Auf einem alten Fußballplatz, neben grasenden Kühen, beendeten wir unsere Tour für heute.

Im nächsten Beitrag werden wir sicher einiges zu berichten haben. Politisch ist es in Indien gerade unruhig. Begleitet von massiven Protesten wurde ein umstrittenes Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet. Die Highways werden zum Teil mit brennenden Reifen blockiert und Diesel ist schwer zu bekommen.
Aber wir kämpfen uns durch!

Wir wünschen euch besinnliche Tage und jetzt schon einen schönen 3. Advent!
Euer Carsten und Euer Manni