Unsere letzten Tage in Pakistan
Am 21. November sind wir von Sakkur weiter durch Pakistan gefahren.
Immer noch zusammen mit Rachel und Daan. Die beiden sind auf dem Motorrad unterwegs und wir wurden an der pakistanischen Grenze von den zuständigen Pakistani als Gruppe eingeteilt.
Heute durften wir zumindest eine kurze Strecke ohne Begleitschutz zurücklegen. Ein kleines Gefühl der Freiheit.
Auf der Fahrt gab es die spontane Idee, eine Mehl- und Baumwollfabrik zu besichtigen. Und wir wurden von den Chefs und den Angestellten herzlich willkommen geheißen. Die Menschen freuen sich immer sehr, wenn man sich für Ihr Tun interessiert und sind stolz, zeigen zu können, was sie machen und wie sie arbeiten. Wir durften sowohl die Getreidemühlen als auch die Baumwollproduktion anschauen und auch mal mit anpacken. Im Anschluss wurden wir zum Lunch eingeladen. Dieser fand in einem privaten Zimmer eines Direktoren statt und war sehr lecker. Überraschend für uns war allerdings, dass das Essen auf dem „Bett“ serviert wurde. Andere Länder, andere Sitten und immer wieder spannend.
Einen kleinen “Kumpel”-Zwischenfall haben wir gut verkraftet. Eine Unterführung hatte leider eine geringere Durchfahrtshöhe als gedacht und wir haben unser Dachfenster beschädigt. Carsten hat es aber wieder ordentlich geflickt und so ging die Tour, dann auch wieder mit Begleitschutz, weiter. In Lahore haben wir die letzte Nacht in Pakistan verbracht. Da wir uns in Pakistan oft nicht richtig frei bewegen konnten und meist – zu unserem eigenen Schutz – unter Bewachung standen, haben wir uns dafür entschieden etwas früher nach Indien zu fahren.
Unser Pakistan-Fazit
Pakistan, ein Land vor dem uns im Vorfeld der Tour fast alle gewarnt haben: “Fahrt dort nicht durch!”. Uns beide hat dieses Land trotz allem positiv überrascht.
Bereits beim Grenzübertritt wurden wir bei der Reisepasskontrolle mit Tee begrüßt. Und so freundlich und interessiert haben sich die Pakistani uns gegenüber immer verhalten. Auf der Straße sowie während unseren Fahrten wurden wir so oft mit „Welcome to Pakistan“ begrüßt.
Für viele Pakistani war das aber auch schon das meiste Englisch. Die meisten sprechen kein oder nur ganz wenig englisch. Mit Händen und Füßen war aber immer eine Kommunikation miteinander möglich. Auch die Kommunikation mit Deutschland lief gut. Wir haben gegen Vorlage unseres Reisepasses eine SIM-Karte von Zog in Quetta gekauft. Zehn Gigabite für unter 13,00€.
Pakistans Herausforderung
Die größte Herausforderung in Pakistan waren für uns und “Kumpel” die Straßenverhältnisse. Die Straßen sind zum Teil sehr kaputt, voller Schlaglöcher und ohne Befestigung. Der Verkehr brauchte oft die volle Konzentration, besonders in den Städten und Ortsdurchfahrten. Wir haben gelernt, dass auf der “Autobahn” lediglich vierrädrige Fahrzeuge zugelassen sind. Dabei sieht man die Räder der Fahrzeuge in Pakistan oft vor lauter Ladung gar nicht. Dafür war es kein Problem, Diesel zu bekommen.
Mit dem Stellplatz für die Nacht war es dafür wieder so eine Sache. Freies Stehen war nicht möglich. Wir durften nur auf bewachten Hotelparkplätzen in den Stadtzentren stehen und auch nur dort, wo der Security-Standard entsprechend hoch war. Hier wurden wir dann als Schutz vor Entführungen auch nachts durch Security oder die Polis gesichert.
Und auch in Pakistan kam immer wieder die Frage: “Wie gefällt euch unser Land Pakistan – was werdet ihr zu Hause erzählen?”. Ja, was werden wir erzählen:
- tolle, gastfreundliche Menschen, auch wenn wir nur mit wenigen frei kommunizieren konnten
- eine beeindruckende Landschaft
- landestypisches, leckeres Essen
- wundervoll bemalte Tracks und Tuk-Tuks
- unsicher haben wir uns nie gefühlt
- auch spontane Besuche (z.B. Mill & Cotton Factory) kamen bei den Pakistani gut an
Pakistan möchte seinen Besuchern immer Sicherheit geben und dafür sorgen, dass nichts passiert, was dem Image des Landes schaden könnte. Dafür werden individuell reisende Personen und Gruppen auf dem Lande von Levies und in den Städten von der Polis geschützt.
Ich (Carsten) verlasse Pakistan mit einem weinenden und einem lachenden Auge.
Und ich (Manni) glaube daran, dass Pakistan aufgrund seiner jungen Generation in eine hoffnungsvolle Zukunft schaut. Allerdings und hoffentlich wird noch an der Infrastrukturen gearbeitet. Dies ist insbesondere in ländlichen Gebieten wirklich nötig.
Indien ein Land mit vielen Gesichtern
Am 24. November verließen wir Pakistan und betraten Indien am Grenzübergang Wagah. Sowohl der Austritt aus Pakistan als auch der Eintritt nach Indien verlief komplikationslos und ohne “Aufwandsentschädigungen”. Insgesamt benötigten wir mit Reispass-Checks, Zoll und Carnet-Abwicklung etwas mehr als zwei Stunden.
Tschüß Pakistan
Die indische Flagge, das bedeuten die Farben: safran-orange symbolisiert Opfer und Mut, weiß symbolisiert Wahrheit und Frieden, grün symbolisiert Glauben und Wachstum.
Über die Grenze
Der Grenzübergang Wagah ist der einzige Übergang zwischen Pakistan und Indien und trennt zwei sich im Konflikt befindliche Länder. Hier zwischen dem pakistanischen Lahore und dem indischen Amritsar wird die Teilung des indischen Subkontinents jeden Tag aufs Neue zelebriert. Das konnten wir uns nicht entgehen lassen. Um 16:30 Uhr Ortszeit begann die tägliche Zeremonie der Grenzschließung auf beiden Seiten. Das Publikum sowohl in Indien als auch in Pakistan wird zunächst angefeuert und aufgeheizt. Bis zu 30.000 Menschen auf beiden Seiten wohnen der rund halbstündigen Zeremonie bei. Es folgen paradeartige Angriffe auf die jeweils andere Seite. Das Publikum nimmt lautstark daran teil. Auch wir alle wurden von den starken Emotionen ergriffen. Um 17:00 Uhr folgt mit der Schließung der Grenztore der Höhepunkt.
Wenn man bedenkt, dass sich diese beiden Länder seit vielen, vielen Jahren über den Kaschmir-Konflikt verfeindet gegenüberstehen, ist das ein gewaltiges Schauspiel mit sehr friedlichem Ende. Denn die jeweiligen Anführer gehen mit Handschlag auseinander.
Gut in Indien angekommen
Mit der einbrechenden Dunkelheit führen wir, noch immer ziemlich ergriffen, zu unserem heutigen Zielort, Amritsar in Indien. Leider ohne Internetverbindung und auch ohne Navi, das die Koordinaten nicht annahm. Wir mussten unsere Unterkunft auf anderem Wege finden. Wir fragten einige Tuk-Tuk-Fahrer. Nach kurzer Diskussion und 400 indischen Rupis hieß es: „no problem – we will find it.”. Also rein ins Getümmel des Abendverkehrs. Nach einer Dreiviertelstunde erreichten wir dann das vermeintlich gesuchte „Guest-House“. Da unser “Kumpel” nicht durch die Durchfahrt passte, fuhr Carsten weiter, um zu wenden. Was gar nicht einfach war bei dem chaotischen Verkehr. Die Verkehrspolizei legte eine komplette Kreuzung lahm, da unser “Kumpel” ein Rotlicht überfahren hatte. Naja, eher Carsten, der dann auch zum Polizisten sagte: “SORRY, SORRY. I lost my friends“. Verständnisvoll gab die Polizei die Kreuzung wieder frei und Carsten war wieder Mitten im Chaos. Carsten bekam Tipps von den umstehenden Indern und zum Glück bemerkte er dann Daan, der sich mit dem Motorrad auf die Suche nach Carsten gemacht hatte.
In der Zwischenzeit hatte Manni festgestellt, dass wir zum falschen Guest-House geleitet worden waren. Die sehr freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeiter dort gaben uns WIFI und die genaue Adresse des von uns gesuchten Guest-House. Manni führ schon mal mit einem Tuk-Tuk los, um das Guest-House vor Ort zu besichtigen. Einige Zeit später waren wir alle wieder vereint und glücklich, aber auch müde, an unserer Unterkunft angekommen.
Nachdem jeder die Anspannung des Tages für sich etwas verarbeitet hatte, ließen wir den Abend mit selbst zubereiteter Pasta, Rotwein und Bier, sowie einem ausführlichen Gedankenaustausch ausklingen. Wir waren in Indien!
Am nächsten Morgen wurden wir mit herrlichem Sonnenschein in einem kleinen Paradies geweckt. Wir fanden, dass uns etwas Entspannung nach den letzten aufregenden Tagen gut tun würde und starteten in Indien ganz gemütlich. Wir verbrachten den Tag mit Sim-Karte besorgen, dem ersten Sightseeing und einem abendlichen Restaurantbesuch.
Am nächsten Tag stand leider der traurige Abschied von Rachel und Daan an. Wir waren in Pakistan zu einem richtigen Team geworden. Jeder war für den anderen da und es gab viele schöne gemeinsame Momente. Wir hoffen wirklich sehr, dass wir uns nicht aus den Augen verlieren: “Tschüß Rachel und Daan und eine gute Weiterfahrt!”.
Wir beschlossen einen Ruhetag einzulegen und machten entspannt. Wir planten unsere weitere Route durch Indien, pflegten unseren “Kumpel” und kommunizierten mit unseren Lieben daheim. Wir waren vom Angebot im Supermarkt enttäuscht, aber vom großen Street-Food-Angebot angetan. Und die absolute Entspannung: Wir gönnten uns eine volle Stunde Massage für jeden. Herrlich!
Über Indien, die Menschen und die Highlights berichten wir dann nächste Woche.
Wir sind schon fleißig am Eindrücke sammeln!
Lasst es Euch gut gehen und startet gut in die Adventszeit!
Viele Grüße aus Indien
Euer Carsten und Euer Manni